„Ist das ein Mensch?“ – Klassenfahrt nach Krakau und Ausschwitz

In die Passionszeit fiel die diesjährige Fahrt der 10ten Klassen nach Krakau und Auschwitz.  Vom 31. März bis zum 4. April 2025 entdeckten 55 SchülerInnen der 10a und 10m zunächst Geschichte und Gegenwart in der bewegten Königsstadt an der Weichsel. Die Spurensuche in Krakau (heute mit 800.000 Einwohnen die zweitgrößte Stadt Polens) verband Stationen wie Wawel, der Stammsitz der polnischen Könige, das frühere jüdische Viertel Kazimierz und spätere Ghetto mit einem Streifzug durch die die Altstadt mit ihrem von Gotik und Renaissance geprägten UNESCO-Welterbe. Hier, in der Marienkirche, vollendete Veit Stoß seinen prachtvollen Hochaltar, hier an der nach Prag zweitältesten Universität Europas studierten und revolutionierten Kopernikus und andere Gelehrte das Weltbild der Frühen Neuzeit.

Jahrhunderte später zog der Überfall der deutschen Truppen auf Polen auch Krakau, von den Nazis zur Hauptstadt des Großgouvernements im nicht annektierten Teil Polens bestimmt, in den Abgrund. Vom Wawel herab, dem Stammsitzsitz der politischen Könige, herrschte Generalgouverneur Hans Frank, einst Rechtsanwalt des Führers und ranghöchster Jurist im „Dritten Reich“, und übersah die Verwandlung Krakaus in eine „rassenreine“ Stadt. Wohnten vor Kriegsbeginn 64,000 jüdische Bürger in der Stadt – 25% der gesamten Bevölkerung – lebten dort 1941 nach Zwangsdeportationen noch 16,000 Juden, eingesperrt in das von den Nazis im Stadtteil Podgórze etablierte „Ghetto“. An das Gelände von 600 mal 400 Metern, dessen Liquidation nur wenige überlebten, erinnern heute Mauerreste; an das NS-Verbrechen ein Mahnmal just auf jenem Bohaterów-Getta (heute: Zgody) „Platz der Ghettohelden“, auf dem unser Bus Rollkoffer und Reisegruppe aus- und wieder einpackte.

Nach Erkundung der italienisch anmutenden Altstadt und ihrem ambivalentem Erbe stellte sich die Gruppe an Tag 2 und 3 dem sicher dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte und dem Gedenken der Shoah. Das Stammlager Ausschwitz I am Rande der Stadt Oświecim lenkt die Aufmerksamkeit auf die Logistik des größten vom NS errichteten Konzentrationslagers, das wie kein zweites für Rassenwahn und Verbrechen gegen die Menschlichkeit steht. Das Vernichtungslager Auschwitz II-Birkenau grenzt daran an und lässt mit seinen 250 Barracken und Ruinen die schier unfassbare Größenordnung des Genozids erahnen.

Es ist geschehen, und folglich kann es wieder geschehen: Darin liegt der Kern dessen, was wir zu sagen haben, schreibt Primo Levi, Überlebender des Holocaust, in „Ist das ein Mensch?“.

Die Teilnehmenden reagierten sehr persönlich und entsprechend unterschiedlich auf die Führung über das Gelände. Der Schmerz und die Verzweiflung sind in diesen Ort eingraviert. Nur zu erahnen die Gewalt, die in diesem Lagersystem steckt. Aber stets zu spüren die Ohnmacht des Einzelnen im Angesicht organisierter Menschenverachtung. Die Frage nach dem „Warum?“ erschüttert das Vertraute und wird nach unserer Rückkehr nach Frohnau und in den Schulalltag noch lange nachhallen.

Betreut wurden die Klassen von Josephine Stankewitz, Peter Blacha, Michael Kress und Oliver Schmidt; vor Ort einfühlsam informiert und begleitet von Sylwia Jeruzal.

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